Schulentwicklung

RBG – a School That Never Sleeps?

Manch einer wird sich fragen, was die Worte in Anlehnung an Frank Sinatras bekannten Song und Schulentwicklung gemeinsam haben? 

Betrachtet man zunächst die Institution Schule, so wird man sehr bald feststellen, dass es sich dabei um eine gesellschaftliche Einrichtung handelt, die in einem vielschichtigen Spannungsfeld von Aufgaben und Interessen steht. Neben ihrer Hauptaufgabe – der Bildung und Erziehung junger Menschen – hat sie zahlreiche und vor allem sehr vielschichtige weitere Aufgabenfelder, die sich in ihrem Umfang und der Gestalt ihrer Anforderungen immer in Veränderung und Bewegung befinden – also niemals schlafen oder zur Ruhe kommen. So verändern sich  beispielweise Bildungsinhalte und verschieben ihre Schwerpunkte, Erziehungsaufgaben wandeln sich mit neuen Lebensformen in den Familien, Erwartungen an die Schule im Bezug auf Kooperation und Integration werden immer vielschichtiger und umfangreicher. Somit tut die lehrende Organisation Schule gut daran, auch stets eine lernende Organisation zu bleiben und somit nie in einen Dornröschenschlaf zu verfallen. Dazu angehalten wird sie sowohl durch den anhaltenden Wandel des gesellschaftlichen Umfelds, als auch durch eine kontinuierliche Selbsthinterfragung der pädagogischen Arbeit, die zunehmend komplexere Anforderungen an das Handeln der Lehrkräfte stellt.

Allerdings befindet eine sich entwickelnde Schule sich dabei immer in einem Spannungsfeld zwischen Bewahrung und Erneuerung. Gute Schulentwicklung bedeutet dabei nicht, dass sich eine Schule alle paar Jahre neu erfinden muss und damit regelmäßig das über Bord wirft, was zuvor Gültigkeit hatte. Genauso wenig wird eine lebendige Schule aber in einer Art Tiefschlaf einem reinen Traditionalismus verhaftet bleiben. Eine nachhaltige Schulentwicklung sollte vielmehr dort anknüpfen, wo fachlicher, pädagogischer oder organisatorischer Handlungsbedarf entsteht und darauf achten, dass die getroffenen Entscheidungen dann auch im schulischen Leben wirksam werden.

Das Robert-Bosch-Gymnasium hat sich in den zurückliegenden Jahre nie in einem tiefen Schlaf befunden, sondern kontinuierlich Schritte auf dem Weg der Schulentwicklung in ganz unterschiedlichen Bereichen zurückgelegt.

Anregungen zu großen und vielen kleineren Schritten nach vorn kamen und kommen immer wieder auch von einzelnen Kollegen/innen, oder aus Diskussionen an pädagogischen Tagen oder in Konferenzen, von Eltern und dem Elternbeirat, von sogenannten „Runden Tischen“ aus Eltern, Lehrer/innen einer Klassenstufe oder von den LEGO – Abenden (Lehrer-Eltern-(Schüler)-Gesprächskreis), außerdem aus der großen SEIS Umfrage 2012 und aus der Fremdevaluation 2014. Manche Impulse kommen auch aus der Schulleitung (so die Einführung des „Lernbandes“).

Als wichtiges Ergebnis der Fremdevaluation wurden im Dezember 2015 Zielvereinbarungen des Robert-Bosch-Gymnasiums mit dem Regierungspräsidium Stuttgart geschlossen. Dadurch wurde uns als Schule zunächst ein relativ enger Handlungsspielraum vorgegeben. Zum Ende des Schuljahres 2016/17 wurde dann allerdings das Aussetzen einer endgültigen Überprüfung der vereinbarten Ziele seitens des Regierungspräsidiums bekannt gegeben. Damit haben sich für unsere Schulentwicklung neue Freiräume ergeben, die es nun kreativ und sinnvoll zu nutzen gilt. Folgende Prozesse und Neuerungen wurden in den vergangenen Jahren angestoßen bzw. eingeführt:

 Entwicklung eines Leitbildes

Ein Meilenstein der Schulentwicklung der vergangenen Jahre war die Erarbeitung und letztendliche Formulierung eines Leitbildes. Seit dem Schuljahr 2013/14 war eine eigens hierfür gegründete Leitbildgruppe damit beschäftigt, diesen Prozess zu initiieren, zu begleiten und letztendlich zu einem erfolgreichen Ziel zu führen – unser neues Leitbild am Robert-Bosch-Gymnasium in Kraft zu setzten.

Doch unser Leitbild sollte nicht nur auf dem Papier existieren, sondern wie ein Leuchtturn langfristig Orientierung für unser schulisches Miteinander und weitere Schulentwicklungs-prozesse geben.  Keine Zeit zum Schlafen, vielmehr in Bewegung bleiben, sich auch jetzt wieder weiterentwickeln.  So wurde direkt die nächste Runde eingeläutet, in der es vor allem darum geht, das Leitbild mit Leben zu füllen und in den Alltag und unsere Schulgemeinschaft auf unterschiedlichste Weise zu integrieren. So sind einige Neurungen und Projekte entstanden:

  • Wir starten und beenden seither jedes Schuljahr mit einer gemeinsamen Vollversammlung in unserem Atrium mit allen Schülerinnen und Schüler, sowie dem gesamten Kollegium.
  • Das Thema „Gesunde Schule“ wird in unserer Fairtrade AG diskutiert und in neuen Projekten umgesetzt. So wurde in Kooperation mit dem Weltladen in Gerlingen für den Verkauf gesunder und fair gehandelter Produkte ein Fairtrade Point eingerichtet und ein Wasserspender zur Reduzierung von Plastikmüll soll im kommenden Jahr installiert werden.
  • Im Atrium wurde eine große, rote Litfaßsäule errichtet, an der mit zahlreichen Fotos und Beiträgen Schülerleistungen gewürdigt werden und unser aktives Schulleben dokumentiert wird.

 Einführung des Schüler-Lehrer-Feedbacks

Mit der Erstellung einheitlicher Fragebogen zur Rückmeldung der Schüler an die Lehrer im Rahmen einer weiteren Arbeitsgruppe wurde im Schuljahr 2015/16 ein weiterer wichtiger Schritt im Bereich der Feedback-Kultur an unserer Schule gemacht.

 Einrichtung eines Lernbandes

Das Schulleitungsteam hatte in den letzten Jahren bereits häufiger über die Thematik Individualisierung / Heterogenität diskutiert und nach Wegen gesucht, wie man einerseits unterschiedlichsten Schülerwünschen und -fähigkeiten gerecht werden und andererseits auch unsere pädagogischen Zielsetzungen, die wir mit unserem schulischen Leitbild  formuliert haben, in praktisch umsetzbares Wirken verwandeln könnte.

Daraus entstand die Idee der Einrichtung eines sog. „Lernbandes“. Dabei nutzen wir in unserer Kontingentstundentafel (die auflistet, wie viele Unterrichtsstunden pro Woche in welchem Fach in welcher Klassenstufe unterrichtet werden) die vom Ministerium eingeräumten Freiheiten, jeweils eine Unterrichtsstunde in den Klassenstufen 5, 6 und 7 für ein “Zusatzangebot” für die individuelle Förderung und Forderung der Schülerinnen und Schüler zu verwenden.

Deshalb haben wir im Rahmen der Einführung der neuen Bildungspläne seit dem Schuljahr 2017/18 in den Klassen 5 bis mittlerweile 8 am Dienstag Nachmittag die 7. und 8. Stunde für das neue Lernband reserviert.

So ist einerseits für Schüler/innen, bei denen sich in den Klassenstufen 5-8 im Unterricht in Mathematik, Deutsch und Englisch sowie Französisch (vorübergehende) Defizite zeigen, der Förderunterricht vorgesehen. Dreimal im Schuljahr schauen die entsprechenden Lehrkräfte, ob (noch) Förderbedarf besteht. Schüler/innen können so unterschiedlich lange und auch in unterschiedlichen Fächern eine zusätzliche Förderung erhalten, um so gegebenenfalls den Anschluss an die Klasse wieder zu gewinnen.

Andererseits wollen wir aber auch Schüler/innen (heraus-)fordern, die noch zeitliche und intellektuelle sowie kreative oder handwerkliche Spielräume haben, sich zu entfalten oder erst einmal eigene Fähigkeiten und Talente zu entdecken. Dazu dienen die vielschichtigen  Angebote in unserem “Lernband”.

Diese Angebote erstrecken  sich auf einen Zeitraum von einem Vierteljahr, einem halben Jahr oder auch einem ganzen Jahr; der Zeitraum, für den man sich zu etwas verpflichtet, ist also sehr überschaubar. Das macht die Schwelle, sich für eine der Lernbandaktivitäten zu entscheiden, für Schüler/innen niedrig; man geht kein großes Risiko ein. Und viele Lehrer/innen, die schon immer ein AG-ähnliches Angebot in einem etwas Schulfach-ferneren Bereich anbieten wollten, können nun aktiv werden. So gibt es dann auch ein sehr breites Spektrum an Lernband-Angeboten, aus denen die Schüler/innen eines oder mehrere auswählen können.

Wirft man einen Blick noch weitere zurück – der Grundstein für eine kontinuierliche Schulentwicklung wurde bereits im Jahre 2005/06 gelegt (damals unter der Leitung des mittlerweile pensionierten Peter Johann) – sei hier nur ein kleiner Auszug aus den Veränderungen und Neuerungen von damals genannt:

  • Auf allen Klassenarbeiten steht der Durchschnitt und die aktuelle mündliche Note, die Eltern der Klassen 5 bis 10 erhalten über die obligatorische Unterschrift ein sehr gutes Feedback über die schulischen Leistungen ihrer Kinder.
  • Einführung der Doppelstunden: Unterricht in 90-Minuten-Einheiten, mit zwei Pausen zu je 20 Minuten, eine Reorganisationsphase zum Beispiel für Elemente der bewegten Schule, zum Trinken o.ä. ist möglich. Nach intensiver Vorbereitung gehören die Doppelstunden seit 2007/08 zum Profil des RBG.
  • „Gut ankommen am Gymnasium“: Dem reibungsloseren Übergang in die Klasse 5 des Gymnasiums dienen das jährliche Kooperationsgespräch mit den Grundschulen aus unserem Einzugsgebiet; ergänzt von Hospitationen von Gymnasiallehrern in den Grundschulen. Daneben erleichtern Klassenrat, Kennenlernausflug und Begleitung durch Paten das Zusammenleben in den Klassen.
  • Einführung eines Sozialcurriculums (Schuljahr 2009/10): soziales Lernen und Schulklima werden z. B. durch Schullandheimaufenthalte in Klassenstufe 6, Suchtpräventionsseminare in Klassenstufe 8 und ein fünftägiges Praktikum in sozialen Einrichtungen außerhalb der Schule in Klassestufe 9 erkennbar gefördert.
  • Einführung des Sozial-, Methoden- und Studientags („SMS-Tag“): Die Schüler/-innen trainieren z. Präsentieren und Rhetorik oder das Visualisieren von Texten, das Verhalten im Internet und die Kommunikation über sich selbst und die Klasse, und zwar die ganze Schule gemeinsam an einem Mittwoch im November; die Kursstufen 1 und 2 erkunden an diesem Studieninformationstag Berufs- und Studiumsperspektiven an den Universitäten und Hochschulen. In diesem Schuljahr werden die Inhalt überarbeitet und aktualisiert – ganz nach dem Motto – eine Schule bewegt sich immer weiter, schläft nie!
  • Erstellung eines verbindlichen GFS-Rahmens: Hiermit wurden für die ganze Schule gültige Regelungen für die „Gleichwertigen Feststellungen von Schülerleistungen“ (so der offizielle Name), die jede/r Schüler/in ab Klassenstufe 7 einmal im Schuljahr in einem Fach seiner Wahl anfertigen muss festgelegt; zudem gemeinsame Bewertungsrichtlinien in den Fächern (in den Fremdsprachen, den Naturwissenschaften und Geografie sowie Deutsch und Gemeinschaftskunde sogar fächerübergreifend); sie traten im Februar 2012 in Kraft. Zwei Jahre intensive Diskussion haben sich gelohnt: Ein wirklicher Fortschritt in der Transparenz der Leistungsbewertung.

Abschließend lässt sich sagen – Schulentwicklung geht immer alle an: Schulleitung, Kollegium, Schülerinnen und Schüler so wie Eltern. Möge das Robert-Bosch-Gymnasium auch in der Zukunft eine Schule, die sich die an Frank Sinatra angelehnte Wort zu Herzen nimmt: RBG is a school that never sleeps!